Das Arbeitszimmer als Steuerfalle?

Ein häusliches Arbeitszimmer geltend zu machen, bedeutet Steuerersparnis. Stimmt das? Bei Gewerbetreibenden und Freiberuflern kann das häusliche Arbeitszimmer zur Steuerfalle werden. Worauf müssen Sie achten und wie gehen Sie mit Risiken sinnvoll um?

1. Definition des häuslichen Arbeitszimmers

Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein durch eine Tür abgeschlossener Raum in der eigenen Wohnung.

Wenn das häusliche Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für die betriebliche und berufliche Tätigkeiten genutzt wird, sind die entstandenen Aufwendungen betrieblich veranlasst. Ein Betriebsausgabenabzug ist in folgenden Fällen möglich:

a) Das Arbeitszimmer ist der Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit. Dann sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe abzugsfähig. Das ist allerdings eine absolute Ausnahme.

b) Es steht für einige notwendige betriebliche und berufliche Tätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn vertrauliche Arbeiten nicht im Büro durchgeführt werden können. Dann sind Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 1.250,00 Euro als Betriebsausgabe abzugsfähig.

Bei einem beschränkt abzugsfähigen Betriebsausgabenabzug wie unter Punkt b) beschrieben, wird das Arbeitszimmer nach aktueller Gesetzeslage schnell zur Steuerfalle.

2. Beispiel

Der Arzt Ast erwarb zum 01.01.2010 ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 170 qm. Hier nutzt er sein 27 qm großes häusliches Arbeitszimmer für Personalangelegenheiten, da ihm in der Praxis kein vertraulicher Raum dafür zur Verfügung steht.

Die Anschaffungskosten des Einfamilienhauses beliefen sich auf 500.000,00 Euro. Auf das Arbeitszimmer entfallen hiervon 79.411,76 Euro. Das Arbeitszimmer muss als notwendiges Betriebsvermögen berücksichtigt werden.

Die Gebäudeabschreibung beläuft sich jährlich auf 2.382,35 Euro (3% von 79.411,76 Euro). Die übrigen Gebäudekosten, die auf das Arbeitszimmer entfallen wie z. B. Strom, Gas, Wasser, Versicherungen betragen jährlich 1.300 Euro.

Das Arbeitszimmer ist nicht Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit. Der Mittelpunkt der Tätigkeit liegt in der Arztpraxis. Aus diesem Grund können von den jährlichen Gesamtkosten i. H. v. 3.682,35 Euro lediglich 1.250,00 Euro als Betriebsausgabe in Ansatz gebracht werden. Bei einem Steuersatz von 40% erzielt er eine jährliche Steuerersparnis i. H. v. 500,00 Euro durch die Geltendmachung des Arbeitszimmers.

Herr Ast veräußert sein Haus zum 31.12.2020 für 520.000,00 Euro.

Er hat das Arbeitszimmer 11 Jahre genutzt und einen Steuervorteil für diesen Zeitraum i. H. v. insgesamt 5.500,00 Euro erzielt.

Welche steuerlichen Folgen ergeben sich aus der Veräußerung?

Das Einfamilienhaus diente, bis auf das Arbeitszimmer, ausschließlich privaten Wohnzwecken und kann damit steuerfrei veräußert werden.

Die zehnjährige Spekulationsfrist ist überschritten.

Bei dem Arbeitszimmer handelt es sich allerdings um Betriebsvermögen, so dass die Spekulationsfrist nicht greift. Der Gewinn aus der Veräußerung von Betriebsvermögen unterliegt der Einkommensteuer im Rahmen der Gewinneinkünfte und wird wie folgt berechnet:

anteiliger Veräußerungserlös (520.000,00 € x 27 qm/170 qm) 82.588,23 €
./. anteilige Veräußerungskosten 0,00 €
./. Restbuchwert (AK 79.411,76 € – 79.411,76 € x 3% x 11) 53.205,91 €
= Gewinn aus Veräußerung Arbeitszimmer 29.382,32 €

Der Restbuchwert ermittelt sich aus den ursprünglichen Anschaffungskosten abzüglich der rechnerisch ermittelten Abschreibung von 3% p. a. für 11 Jahre.

Fazit:

Bei einem Steuersatz von 40% beträgt die Steuerbelastung aus dem Verkauf 11.752,92 Euro. Die bisherige Steuerersparnis belief sich auf 5.500,00 Euro.

Damit verbleibt eine steuerliche Mehrbelastung durch Verkauf i. H. v. 6.252,92 Euro und die Steuerfalle ist zugeschnappt.

Kaum zu glauben?

Die Ursache liegt in den nur beschränkt abziehbaren Betriebsausgaben des Arbeitszimmers i. H. v. 1.250,00 Euro p. a. Bei der Veräußerung und auch bei der Entnahme werden zum einen Wertsteigerungen des Gebäudeanteils berücksichtigt. Zum anderen wird von den ursprünglichen Anschaffungskosten die reguläre Abschreibung in Abzug gebracht, um den Restbuchwert zu ermitteln. Es wird nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Abschreibungen sich aufgrund der Abzugsbeschränkungen nicht ausgewirkt hat.

Hinweis:

Im Falle einer Entnahme z. B. durch Betriebsaufgabe oder Veräußerung der Praxis erzielen Sie für das Arbeitszimmer keinen Veräußerungserlös, die Steuer wird trotzdem fällig.

3. Kann diese Steuerfalle umgangen werden?

a) Das Arbeitszimmer sollte möglichst nicht zum Betriebsvermögen zählen.

Wenn der Wert des Arbeitszimmers nicht mehr als 20.500,00 Euro beträgt und nicht mehr als 1/5 des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks ausmacht, haben Sie die Wahl: Sie können das Arbeitszimmer als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln oder als steuerlich begünstigtes Privatvermögen.

Tipp:

Sie können die Betriebsausgaben für Ihr Arbeitszimmer auch in Ansatz bringen, wenn das Arbeitszimmer dem Privatvermögen zugeordnet wird. Der Verkauf oder die Entnahme unterliegen nach der zehnjährigen Spekulationsfrist dann nicht mehr der Steuer.

Bitte beachten Sie, dass durch steigende Grundstücks- und Immobilienpreise die Gefahr besteht, dass die Wertgrenze von 20.500,00 Euro überschritten und das Arbeitszimmer dadurch zum notwendigen Betriebsvermögen wird.

b) Rücklagenbildung nach §§ 6b und 6c EStG

Es ist die Möglichkeit zu prüfen ob die Versteuerung durch Bildung und Übertragung einer Rücklage zeitlich hinausgeschoben werden kann. Im Idealfall brauchen Sie den Gewinn erst im Jahr der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung zu versteuern, mit den dann geltenden Besonderheiten wie dem Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und dem begünstigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG.

c) Hoffen Sie auf den Musterprozess beim BFH

Wenn Sie in die Steuerfalle getappt sind ist es empfehlenswert, gegen die Gewinnbesteuerung aus der Veräußerung Ihres Arbeitszimmers Einspruch einzulegen und unter Verweis auf das beim BFH anhängige Verfahren (Aktenzeichen VIII R 15/17) das Ruhen des Verfahrens zu beantragen.

Ein letzter Hinweis:

Wenn Sie ein steuerlich berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer in Ihrer Mietwohnung nutzen, können Sie dieses ohne weitere Bedenken steuerlich geltend machen. Ein Arbeitszimmer in der Mietwohnung wird niemals Betriebsvermögen mit den eventuell daraus resultierenden negativen Folgen bei Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung.

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